Donnerstag, 29. Januar 2009

Die Unsanfte



Die Unsanfte
Pas Douce
Drama
F/CH 2007

Die junge Krankenschwester Fred ist mit sich und ihrem Leben nicht im Reinen. Sie verströmt eine latente Aggressivität gegen sich und andere. Mit ihrem Vater spricht sie nicht mehr, und ihren Exfreund André stösst sie dauernd vor den Kopf. Als dieser ihr sagt, dass er eine neue Frau kennen gelernt hat, schnappt sie sich ihr Gewehr. Sie will im Wald Selbstmord begehen, wird aber abgelenkt von zwei sich streitenden Knaben. Als der eine auf den anderen losgeht, schiesst sie ihm aus Reflex ins Knie. Der verletzte Marco wird ausgerechnet in jenes Spital eingeliefert, in dem Fred arbeitet. Die geschockte Fred will ihn zuerst nicht pflegen, doch sie ist die Einzige auf der Station, die mit dem verstockten Teenager umgehen kann. Dieser ist extrem wütend und aggressiv. Besonders mit seiner besorgten Mutter Eugenia, welche die Familie verlassen hat und nun in Portugal lebt, will er nichts zu tun haben. Zu Fred aber fasst er Zutrauen, und sie fühlt sich dem Jungen verpflichtet. Auch wenn sie von Schuldgefühlen geplagt wird, öffnen sich ihr durch diese Begegnung neue Lebensperspektiven. Das Drama «Pas douce», der zweite Spielfilm der gebürtigen Baslerin Jeanne Waltz, hat die Filmwelt überrascht. Selten hat man in der Schweiz so eindrückliches Schauspielerkino gesehen, und selten wurde der nasskalte, neblige Jura so stimmungsvoll in Szene gesetzt. Wenn Fred gar nicht mehr mit ihrer Umwelt kommunizieren kann, packt sie nämlich die Schnapsflasche und fährt mit ihrem Fahrrad durch die unwirtliche, winterliche Umgebung von La Chaux-de-Fonds. An sich ist «Pas douce» das Porträt einer unglücklichen, latent aggressiven, jungen Frau. Die Gründe dafür erklärt Jeanne Waltz in ihrem Film nicht, sie interessiert vielmehr der Zustand dieses Gefühls: «Die Geschichte hat sehr viel mit einem Teenagergefühl von mir zu tun, nicht aus sich herauskommen zu können, gewalttätig und selbstzerstörerisch sein zu müssen.» In ihrem zufälligen Opfer Marco sieht Fred sich selber, und so öffnet ihr die Tat eine neue Türe zum Leben. Was «Pas douce» besonders auszeichnet, ist das eindrückliche Spiel der Französin Isild Le Besco, eine eigenartige Schönheit, die hierzulande kaum bekannt ist, in Frankreich aber schon mehrmals für Furore sorgte. Ihr Partner in diesem Psychodrama ist der junge Schweizer Steven de Almeida, der für seine Rolle als bester Nachwuchsdarsteller für den Schweizer Filmpreis nominiert wurde. Gewonnen hat «Pas douce», den etliche Filmkritiker mit den Filmen der Dardenne-Brüder verglichen haben, in Solothurn den Quartz für das beste Drehbuch nebst vielen weiteren internationalen Preisen in San Francisco, Portugal und Schweden.
Krankenschwester Fred verletzt mit ihrem Gewehr ungewollt einen Teenager. Im Spital trifft sie ihn wieder. Eindringliches, preisgekröntes Schweizer Drama mit Isild Le Besco.

Schauspieler:
Isild Le Besco (Fred), Steven de Almeida (Marco), Lio (Marcos Mutter), Yves Verhoeven (Marcos Vater), Christophe Sermet (André), Estelle Bealem (Renate)

Regie:
Jeanne Waltz

Drehbuch:
Jeanne Waltz

Kamera:
Hélène Louvart

Musik:
Cyril Ximenes

Bewertung:
++++o

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